Das Studium ist ja bekanntlich und/oder angeblich die schönste Zeit im Leben. Manche mögen dieser Aussage jetzt zustimmen, andere mögen ironisch grinsen und dabei die Nase rümpfen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen und wieder andere mögen mit glänzenden Tränen in Augen, wie betäubt den Kopf schütteln. Wo genau man sich auf dieser Skala selbst befindet, korreliert vermutlich stark mit der Anzahl an Wochen bis zur nächsten Prüfung.
Unabhängig vom eigenen Empfinden, gibt jetzt natürlich keine wissenschaftlichen Beweise, die diese gewagte These unterstützen könnten. Und ich für meinen Teil kann als Jusstudentin nur hoffen, dass die acht Semester nicht die schönsten sieben Jahre meines Lebens sein werden.
Doch was steht eigentlich der Bewahrheitung dieser These im Weg?
Das können finanzielle, familiäre, mentale, medizinische Schwierigkeiten oder ein Zusammenspiel von allem sein. Es gibt zumindest ein Hindernis, dem wir uns alle stellen müssen: Leistungsdruck im Studium.
Vielleicht wird er kaum wahrgenommen oder ist mit einem Mal überwunden, vielleicht aber begegnet er uns immer wieder und vielleicht wird aus dem einmaligen Überwinden des Hindernisses mit der Zeit ein Hürdenlauf.
Leistungsdruck betrifft alle Studierenden. Eine höhere Anzahl an Studierenden im Studiengang, umfangreichere Prüfungen und beschränkte Laborplätze können diesen, genauso wie das Zeitlimit, das uns durch Mindeststudiendauer und Altersgrenzen für diverse Beihilfe gegeben wird, erhöhen. Hinzugefügt wird noch die Angst, dass ein schnelles Studium und gute Note nicht ausreichend sind. Es braucht noch Extra-Curricula. Während wir also zehn Stunden pro Tag auf der Bibliothek oder Zuhause mit Buckel und geneigtem Kopf, vor unseren Büchern und Computer sitzen, alle drei Stunden einen Kaffee in uns hineinschütten, den Schlaf auf nächste Woche verschieben und damit leichtes Herzflimmern und eine schlechte Körperhaltung für eine gute Note in Kauf nehmen, sollen wir uns, falls nicht bereits der Großteil der freien Zeit durch einen Nebenjob, der vielleicht unsere Existenzgrundlage darstellt, verbraucht wird, noch anderweitig engagieren. Zum Beispiel in der Kreativszene, in Vereinen oder im Sozialbereich und so manche verirren sich gar in die Hochschulpolitik.
Diese hohen Ansprüche von außen ergeben mit den noch höheren Ansprüchen, die man an sich selbst stellt, eine gefährliche Mischung. Die offensichtlichen Auswirkungen von negativen Leistungen oder Studienabbruch gehen einher mit Selbstzweifel, Depressionen und Motivationslosigkeit. Diese Tatsache bedeutet nicht, dass wir alle von allen möglichen Folgen gleich stark oder überhaupt getroffen werden, aber wir sollten uns alle darüber bewusst sein, dass wir auch ohne erkennbare Symptome, dem Auslöser, dem Leistungsdruck, ausgesetzt sind. Hier liegt aber der entscheidende Unterschied zwischen dem „ausgesetzt sein“ und dem „ausgeliefert sein“.
Dem Leistungsdruck nur ausgesetzt zu sein bedeutet, dass man versuchen und schließlich lernen kann damit umzugehen.
Dafür ist es essentiell, sich realistische Ziele zu stecken. Den unendlichen gedanklichen Möglichkeiten, was nicht alles erreichbar wäre, sind nämlich spätestens mit dem Studium Grenzen gesetzt.
Tatsächlich sind wir nämlich nicht ausschließlich allein für unsere akademische Leistung verantwortlich und/oder Schuld. Die akute persönliche Situation ist maßgeblich mitbestimmend. Daher sollte man sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, warum man sich für das Studium entschieden hat und dabei ist wesentlich zu akzeptieren, dass man auch wenn man ein und dieselbe Person bleibt, nicht immer ein und dieselbe Leistung erbringen kann. Nichts zeigt dieses Faktum deutlicher als, dass du für die universitäre Außenwelt ohnehin nur eine Zahl bist. Die Matrikelnummer ist wie die 007. Manchmal fühlt man sich als hätte man die Lizenz zum Zerlegen (der Prüfung –> versteht sich!) und manchmal fühlt man sich wie eine Doppelnull. Somit kann das klassische „vier gewinnt“ in der derzeitigen persönlichen Lage auch mal das Bestehen beim vierten Prüfungsantritt bedeuten.
Das wertvollste Mittel, dass wir im Umgang mit Leistungsdruck haben, ist jedoch das Reden. So banal wie es klingen mag, sprecht mit euren Studienkolleg*Innen, darüber wie es euch geht. Behaltet den Druck nicht im Innern. Lasst es raus, schreit in eure Kopfkissen, weint über jedes negative Prüfungsergebnis, über jeden verlorenen Laborplatz und über jede verpasste Vollpunkteanzahl. Du weinst nicht allein. Du bist nicht allein. Rede auch mit deinen Freund*Innen, wenn du selbst keine Auswirkungen des Leistungsdrucks verspüren solltest. Ich bin sicher, sie können dir was von ihrer Not abgeben. Wird das Studium also nicht zur schönsten Zeit des Lebens, könnte wenigstens eine bekannte Aussage bewahrheitet werden: „Geteiltes Leid ist immer noch halbes Leid.“
Emma, Jusstudentin